Weiter unten ein etwas längeres Zitat von Martin Buber über „den verborgenen Nexus zwischen Mystik und Politik“, wie ich es nenne.
Dies Buch, „Gog und Magog“ wurde von ihm 1943(!) in Palestina veröffentlicht, spielt aber im Zeitalter der napoleonischen Kriege. Den Hintergrund der Erzählung, die aus authentischen Quellen schöpft, bildet die Kontroverse zweier chassidischer Schulen. Durch diese sehr geschickte Rückprojektion in das frühe 19.Jh. kann Buber jedoch Dinge sagen, die er sonst kaum hätte sagen dürfen, die aber um so mehr für das inszenierte Grauen des 20.Jhs. zutreffen. Es sind im Grunde schier unglaubliche Sätze:
S.142f.: „Die Welt der Völker ist in Aufruhr geraten, und wir können nicht wollen, daß es aufhöre, denn erst wenn die Welt in Krämpfen aufbricht, beginnen die Wehen des Messias. Die Erlösung ist nicht ein fertiges Geschenk Gottes, das vom Himmel auf die Erde niedergelassen wird. In großen Schmerzen muß der Weltleib kreisen, an den Rand des Todes muß er kommen, ehe sie geboren werden kann.{„die Scheschina“…}Selber müssen wir dahin wirken, daß das Ringen sich zu den Wehen des Messias steigere. {…}…bis die Stunde erscheint, da das dunkle Feuer sich vermißt, das lichte herauszufordern. Nicht zu löschen ist uns dann aufgetragen, sondern anzufachen.“
Buber beschreibt hier eine „aktive“ Kabbala. Ein böser „Heilsplan“ wird enthüllt, der letztlich aber ausgeführt wurde und wird und zwar mit dem schrecklichsten „Erfolg“. Heute befinden wir uns ja praktisch in einer Art „Erntezeit“. Die endzeitlichen Kräfte befinden sich scheinbar auf der Zielgeraden. Dann müßte man nur noch verstehen, was der Begriff „Messias“ eigentlich bedeutet. Wenn ich Gershom Scholem richtig verstehe, und ich setzte mich schon sehr lange mit diesen Problemen auseinander, dann ist der Messias keineswegs einer, der die Welt einigt und befriedet, sondern eher ein Racheengel, also etwas Böses. Dies ist der eigentliche „Witz“ der ganzen Angelegenheit, daß der Teufel zu seinem Recht kommt.
Hierzu sollte man aber auch wissen, daß Buber beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs noch sehr begeistert von diesem Geschehen war. Gershom Scholem appellierte an sein Gewissen und konnte ihn überzeugen, daß man nicht einfach Millionen für ein messianisches Geschehen hinmetzeln darf.