Ein Blick in die Hölle
Die Malereien im ältesten Kloster des Athos, megisti lavra, sind an sich schon außergewöhnlich. Die Darstellungen von Hölle und Fegefeuer haften jedoch ganz besonders im Gedächtnis. Literatur darüber ist leider kaum erhältlich. Bei diesen vermutlich erst aus dem 16.Jh stammenden Werken gehen religiös motivierte „naive“ Malerei und ein fast schon moderner, „surrealistischer“ Stil sozusagen „Hand in Hand“. Die Bilder sind so konkret, daß der Reichtum an Details in Erstaunen versetzt, ja geradezu bestürzt.
Derartig drastische Darstellungen von Dämonen und Teufeln kennt man aus der europäischen Malerei sonst kaum. Am ehesten erinnern sie noch an Hieronymus Bosch oder tibetischen Thankas.
Dabei werden die Sünder bestimmten Gruppen zugeordnet und mit den Namen der Erzsünden schriftlich auch benannt. Diese zu lesen, fällt jedoch gar nicht so leicht. Man müßte schon ein Spezialist des Mittelgriechischen sein. Die neugriechische Schrift erhielt im 19.Jh eine Art Re-hellinisierung, denn die mittelalterlichen Buchstaben erscheinen doch teilweise deutlich anders, als man sie von den Neugriechisch-Lehrbüchern her kennt. Hier hilft ein Blick auf das russische Alphabet, das ja im Frühmittelalter dem damaligen Griechisch entnommen und entsprechend angepaßt wurde.
Mit Hilfe der kyrillischen Buchstaben konnte ich zumindest „die Verleumder“, „die Nachtragenden“ und „die Stolzen“ (Bild1) lesen. Beim zweiten Bild der Höllenqualen mit Inschriften (die mit den zerstochenen Gesichtern) mußte ich mich allerdings geschlagen geben.
Alle weiteren Bilder sind überwiegend der Apokalypse entnommen. Das „große Tier“ spielt darin eine besondere Rolle. Und natürlich das Ende der Welt und die mit dem Erscheinen Jesu stattfindende Wiederauferstehung der Toten.
Zwei jener Bildwerke ist übrigens auch zu entnehmen, daß die Mönche den Turbanträgern (Muslimen) den Eintritt ins Paradies offensichtlich nicht gönnten.